Shuai Jiao (shuāijiāo) ist eine chinesische Form des Ringens, bei der eine Jacke aus grob gewebtem, reißfesten Stoff mit kurzen Ärmeln getragen wird. Ziel ist es, den Gegner aus dem Stand zu Boden zu werfen.
Bei der Durchführung der Wurftechnik darf der Angreifer nur mit den Füßen den Boden berühren, so ist es beispielsweise nicht erlaubt sich abzuknien.
Geschichte
Wie für viele andere Kulturen, ist das Ringen auch in China viele Jahrhunderte bzw. Jahrtausende alt. Inwieweit diese alten Formen des Ringens in das Shuai Jiao, wie wir es heute kennen, eingegangen sind, lässt sich nur schwer beurteilen. Als gesichert zählt jedoch, dass das Shan Pu Ying (Camp der Elite-Ringer) der Qing-Dynastie (1616-1911) Shuai Jiao maßgeblich geprägt hat.
Shan Pu Ying
In der Qing-Dynastie herrschte das Volk der Mandschu. Die Mandschu standen der Volksgruppe der Mongolen nah und in der Kultur beider Völker hatte das Ringen, neben dem Bogenschießen und Reiten, seinen festen Platz. Das Shan Pu Ying war ein dem Kaiserpalast angegliederter Bereich. Es wurde 1669 von Kaiser Kangxi gegründet und bestand bis zum Ende der Qing-Dynastie im Jahr 1911.
Dem Shan Pu Ying gehörten ca. 200 Soldaten an, die Ringen trainierten. Die Ringer dienten dem Hof als Leibgarde und kämpften auf kaiserlichen Veranstaltungen. Die Linien der heutigen Shuai Jiao-Stile lassen sich teilweise direkt von Angehörigen des Shan Pu Ying ableiten, was beispielsweise auf den Beijing- und Tianjin-Stil zutrifft. Folglich geht das Shuai Jiao zumindest zu großen Teilen aus den Ringstilen der Mandschu bzw. der Mongolen hervor.
Baoding Shuai Jiao
Das Baoding Shuai Jiao ist der einzige Shuai Jiao-Stil, der neben Wurftechniken (shuāi) auch Schläge (dǎ), Fußtritte (tī) und Hebeltechniken (ná) beinhaltet. Im Westen wurde das Baoding Shuai Jiao durch Chang Tung Sheng (1908-1986) bekannt. Chang Tung Sheng wuchs in der Stadt Baoding südlich von Beijing auf, wo er Shuai Jiao von Meister Zhang Fenyen erlernte. Zhang Fenyen wiederum war Schüler von Ping Jingyi, der als Hui-Chinese in der für muslimische Kampfkünstler bekannten Moscheen-Straße in Baoding wirkte.
In jungen Jahren trat Chang Tung Sheng der chinesischen Armee bei. Nach der Machtübernahme durch Mao Zedong floh Chang Tung Sheng mit den Truppen Chiang Kai-sheks nach Taiwan. In Taiwan arbeitete Chang Tung Sheng für über 30 Jahre an der Central Police University als Instructor. Von dort aus verbreitete er das Baoding Shuai Jiao auch in den Westen (USA and Europa). Davon abgesehen gab er sein Wissen an seinen Neffen Chang Dawei weiter, der jetzt ebenfalls als Instructor an der Central Police University in Taiwan arbeitet.
Meister Antonio Langiano aus Italien erlernte das Baoding Shuai Jiao von Chang Dawei und gibt es in Europa unter anderem an uns in Deutschland weiter.